Als ich am Montag aus meinem verspäteten Bus aussteige wartet mein neuer Host John bereits auf mich. Nach einer kleinen Tour zum örtlichen Supermarkt fahren wir kurz zu dem Ort, der für die nächsten sechs Tage mein zu Hause sein wird, schmeißen mein Gepäck ins Wohnzimmer, sammeln Johns Frau Allison ein und machen uns mit dem "Fourwheeldrive" auf den Weg zum eine halbe Stunde entfernten Strand der Ostküste. Ein schöner Anblick, denn durch die Lage Feildlings im Inland hatte ich erwartet, das Meer für diese Woche gar nicht zu sehen - was ein Luxus, so etwas sagen zu können! Irgendwo habe ich mal gelesen, dass man in Neuseeland nicht weiter als zwei Stunden Fahrt vom Meer entfernt sein kann, und mit Deutschland kann man das ja nicht wirklich vergleichen - selbst die Nordsee ist ja eher eine Pfütze gegen den Pazifik, den wir hier vor der Haustür haben. Jedenfalls brettern wir eine halbe Stunde später durch den Sand und das Meerwasser, und ich muss kurz an den letzten Urlaub mit meiner Familie auf der Nordseeinsel Pellworm und den dort örtlichen Fahradmechaniker Momme denken, der jeden Touristen eindringlich vor fehlkonstruierten Fahrradständern und Meerwasser gewarnt hat - das macht dem Auto aber nichts aus sagt man mir, und wenn es kaputt ist verkauft man es halt an nichtsahnende Backpacker - echte Neuseeländer! Nach einigen Minuten halten wir an und ziehen die beiden Angeln, die mir während der Fahrt den Nacken massiert haben, aus dem Kofferraum, und nachdem John sie mit Köderfisch bestückt hat wirft er sie ins offene Meer und steckt die Angel in den Sand. Jetzt heißt es warten. Erinnerungen an die Autotour kommen hoch.
Ich kann mich noch genau an den Tag erinnern als mir, als ich morgens den Kofferraum unseres Autos aufriss um meinen Stapel nach sauberen Klamotten zu durchsuchen, ein sehr intensiver Fischgeruch entgegenschlug. Unsere Essenskiste (aus Pappe) war komplett mit der stinkenden Flüssigkeit gefüllt, die aus einer Plastiktüte auf ihrem Boden tropfte, und natürlich hatte der Karton bereits ein Leck, das die Suppe im ganzen Kofferraum verteilte. Heute riecht mein Schlafsack immernoch ein Bisschen nach Fisch, und es ist ein Wunder, dass uns die Autovermietung keine zusätzlichen Reinigungskosten berechnet hat. Eine Woche vorher: "Hey, wir könnten doch mal zusammen angeln gehen, ich weiß wie das geht!" sagt Philipp, und Nike und ich sind mit der Idee einverstanden. Auf zum nächsten Baumarkt, ein Bisschen Ausrüstung kaufen, und Köderfisch gibt es tiefgefroren im Supermarkt. Wir haben zwar keine Kühlbox, aber das hält schon lange genug, denken wir, und schmeißen die Tüte in unsere Essensbox. Dort bleibt sie auch, als wir die Angelpläne wieder verwerfen, weil man dazu eine Lizent braucht... den Rest der Geschichte kennt ihr jetzt.
Nach einer Stunde Wartezeit, drei Standortwechseln und vielen neuen Köderfischen haben wir zwar einen sehr schönen Sonnenuntergang, aber keinen Fisch an unseren Leinen ziehen sehen. "Lasst uns nach Hause fahren und Fisch essen" sagt Allison, und erst jetzt erzählen mir die beiden, dass sie schon gestern hier angeln waren und nach fünf Minuten einen riesigen Fisch an der Leine hatten. Ich hätte zwar gerne einen Fang gesehen, aber weil es schon dunkel ist und langsam kälter wird, machen wir uns auf den Heimweg. Am Horizont leuchtet die ein-Hochhaus-Skyline von Palmerston North. In Feilding angekommen setzen wir uns in das Strandhaus, das Allison und John eigentlich ans Meer bauen wollten, dann aber doch neben ihr altes Haus auf ihr Grundstück hier gesetzt haben weil hier noch Platz war und es so einfacher ist, und essen den wahrscheinlich leckersten Fisch den ich je gekostet habe. Dazu gibt es viel Gemüse aus dem eigenen Garten und selbstgebraute Limonade. Mein Magen freut sich.
Nach dem Festmahl verabschiede ich mich für den Tag und ziehe mich in das alte Haus, das heute mit seinen 16 Zimmern komplett als Studio und Museum dient, und sogar WWOOFer beherbergen kann, zurück. Als ich durch die Räume und zwischen alten Druckpressen und allerlei Zubehör umherschlendere fühle ich mich um Jahrhunderte in die Vergangenheit versetzt. Jede dieser Maschinen funktioniert noch, und wird regelmäßig benutzt - auf Tischen liegen stapelweise selbstgebundene Bücher und tausende selbstgedruckte Kunstwerke, die Wände sind gesäumt von alten Fotografien, Bildern und Drucken, und es riecht überall ein Bisschen nach altem Papier und Tinte. Ich falle in mein durchgelegenes, heute endlich mal nicht zu warmes Bett.
Am nächsten Morgen füttere ich meinen Verdauungstrakt mit ein Bisschen Müsli, und bin zunehmend verwirrt durch die vielen Uhren in diesem Haus, die alle eine andere Zeit anzeigen. Der Herd in der Küche sagt, es ist 21 Uhr abends, die Wanduhr daneben sagt 12 Uhr mittags, und eine Uhr in einem anderen Raum sagt, es ist halb 3. Meiner Handyuhr kann ich noch vertrauen, und so weiß ich, dass ich ein Bisschen zu spät zum Arbeitsbeginn um 9 Uhr im Strandhaus erscheine, aber John begrüßt mich erfreut und lobt meine Pünktlichkeit. "Fünf Minuten vor 9, gut gemacht!" Es ist 9:10 Uhr.
Die Arbeit ist keinenfalls zu schwer, und wenn auch teilweise ein Bisschen einseitig auf jeden Fall sehr interessant. Ich darf anfangen, die Druckwerkstatt aufzuräumen, und sortiere drei Stunden lang Holzblöcke nach ihrer Länge, aber nach der Arbeit beginnt John, mich in die Wissenschaft des Buchbindens einzuweisen. Ich darf mein eigenes Buch binden und es sogar als Reisetagebuch behalten - zwar ist die Hälfte meiner Reise schon um, aber besser zu spät als nie - und das sind alles Dinge, die ich mir am Anfang meiner Reise nie hätte vorstellen können... ein paar Bilder findet ihr übrigens hier.
Mittlerweile ist Freitag, und mir bleiben nur noch zwei Tage, bis ich mich wieder verabschiede und per Bus sechs Stunden weiter nordwärts nach Tauranga fahre. Vom vorherigen Stress der Jobsuche habe ich mich schon ein Bisschen erholt, und ich bin gespannt, was dort auf mich wartet. Ach ja, meine Steuernummer ist endlich per Post bei Graeme angekommen, und jetzt darf ich ofiziell arbeiten und mich zum Sklaven der Fruitpicking-Industrie machen! Ich kann meine Freude gar nicht in Worte fassen... in diesem Sinne: Man liest sich!
Ich kann mich noch genau an den Tag erinnern als mir, als ich morgens den Kofferraum unseres Autos aufriss um meinen Stapel nach sauberen Klamotten zu durchsuchen, ein sehr intensiver Fischgeruch entgegenschlug. Unsere Essenskiste (aus Pappe) war komplett mit der stinkenden Flüssigkeit gefüllt, die aus einer Plastiktüte auf ihrem Boden tropfte, und natürlich hatte der Karton bereits ein Leck, das die Suppe im ganzen Kofferraum verteilte. Heute riecht mein Schlafsack immernoch ein Bisschen nach Fisch, und es ist ein Wunder, dass uns die Autovermietung keine zusätzlichen Reinigungskosten berechnet hat. Eine Woche vorher: "Hey, wir könnten doch mal zusammen angeln gehen, ich weiß wie das geht!" sagt Philipp, und Nike und ich sind mit der Idee einverstanden. Auf zum nächsten Baumarkt, ein Bisschen Ausrüstung kaufen, und Köderfisch gibt es tiefgefroren im Supermarkt. Wir haben zwar keine Kühlbox, aber das hält schon lange genug, denken wir, und schmeißen die Tüte in unsere Essensbox. Dort bleibt sie auch, als wir die Angelpläne wieder verwerfen, weil man dazu eine Lizent braucht... den Rest der Geschichte kennt ihr jetzt.
Nach einer Stunde Wartezeit, drei Standortwechseln und vielen neuen Köderfischen haben wir zwar einen sehr schönen Sonnenuntergang, aber keinen Fisch an unseren Leinen ziehen sehen. "Lasst uns nach Hause fahren und Fisch essen" sagt Allison, und erst jetzt erzählen mir die beiden, dass sie schon gestern hier angeln waren und nach fünf Minuten einen riesigen Fisch an der Leine hatten. Ich hätte zwar gerne einen Fang gesehen, aber weil es schon dunkel ist und langsam kälter wird, machen wir uns auf den Heimweg. Am Horizont leuchtet die ein-Hochhaus-Skyline von Palmerston North. In Feilding angekommen setzen wir uns in das Strandhaus, das Allison und John eigentlich ans Meer bauen wollten, dann aber doch neben ihr altes Haus auf ihr Grundstück hier gesetzt haben weil hier noch Platz war und es so einfacher ist, und essen den wahrscheinlich leckersten Fisch den ich je gekostet habe. Dazu gibt es viel Gemüse aus dem eigenen Garten und selbstgebraute Limonade. Mein Magen freut sich.
Nach dem Festmahl verabschiede ich mich für den Tag und ziehe mich in das alte Haus, das heute mit seinen 16 Zimmern komplett als Studio und Museum dient, und sogar WWOOFer beherbergen kann, zurück. Als ich durch die Räume und zwischen alten Druckpressen und allerlei Zubehör umherschlendere fühle ich mich um Jahrhunderte in die Vergangenheit versetzt. Jede dieser Maschinen funktioniert noch, und wird regelmäßig benutzt - auf Tischen liegen stapelweise selbstgebundene Bücher und tausende selbstgedruckte Kunstwerke, die Wände sind gesäumt von alten Fotografien, Bildern und Drucken, und es riecht überall ein Bisschen nach altem Papier und Tinte. Ich falle in mein durchgelegenes, heute endlich mal nicht zu warmes Bett.
Am nächsten Morgen füttere ich meinen Verdauungstrakt mit ein Bisschen Müsli, und bin zunehmend verwirrt durch die vielen Uhren in diesem Haus, die alle eine andere Zeit anzeigen. Der Herd in der Küche sagt, es ist 21 Uhr abends, die Wanduhr daneben sagt 12 Uhr mittags, und eine Uhr in einem anderen Raum sagt, es ist halb 3. Meiner Handyuhr kann ich noch vertrauen, und so weiß ich, dass ich ein Bisschen zu spät zum Arbeitsbeginn um 9 Uhr im Strandhaus erscheine, aber John begrüßt mich erfreut und lobt meine Pünktlichkeit. "Fünf Minuten vor 9, gut gemacht!" Es ist 9:10 Uhr.
Die Arbeit ist keinenfalls zu schwer, und wenn auch teilweise ein Bisschen einseitig auf jeden Fall sehr interessant. Ich darf anfangen, die Druckwerkstatt aufzuräumen, und sortiere drei Stunden lang Holzblöcke nach ihrer Länge, aber nach der Arbeit beginnt John, mich in die Wissenschaft des Buchbindens einzuweisen. Ich darf mein eigenes Buch binden und es sogar als Reisetagebuch behalten - zwar ist die Hälfte meiner Reise schon um, aber besser zu spät als nie - und das sind alles Dinge, die ich mir am Anfang meiner Reise nie hätte vorstellen können... ein paar Bilder findet ihr übrigens hier.
Mittlerweile ist Freitag, und mir bleiben nur noch zwei Tage, bis ich mich wieder verabschiede und per Bus sechs Stunden weiter nordwärts nach Tauranga fahre. Vom vorherigen Stress der Jobsuche habe ich mich schon ein Bisschen erholt, und ich bin gespannt, was dort auf mich wartet. Ach ja, meine Steuernummer ist endlich per Post bei Graeme angekommen, und jetzt darf ich ofiziell arbeiten und mich zum Sklaven der Fruitpicking-Industrie machen! Ich kann meine Freude gar nicht in Worte fassen... in diesem Sinne: Man liest sich!